Im März veröffentlichten wir den Gesetzentwurf zur „Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts“ aus Horst Seehofers Innenministerium. Durch den seitdem vielfach kritisierten Entwurf sollen die Befugnisse des Verfassungsschutzes und des Bundesnachrichtendienstes ausgeweitet werden. Mit dabei: Staatstrojaner für Verfassungsschutz und BND.
Vier Monate nach der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfes beschreibt der Rechtsprofessor Fredrik Roggan einen weiteren Kritikpunkt: das neue Gesetz würde gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung verstoßen. Denn die Verfassungsschützer sollen zukünftig ohne richterlichen Beschluss in Wohnungen eindringen dürfen, um Staatstrojaner auf Computern und Smartphones zu installieren.
Wohnungseinbruch, Sicherheitslücken oder Mails mit Schadsoftware?
Auch wenn die Befugnisse zum Staatstrojaner-Einsatz – vor allem für die Polizei – in der Vergangenheit immer wieder erweitert wurden: Wie die Überwachungsmittel auf ein Gerät kommen, war weitgehend ungeklärt. Offengelassene Sicherheitslücken, Mail-Anhänge mit Schadsoftware oder heimliche Installation direkt auf dem Gerät? Es bestand Rechtsunsicherheit. Manche Rechtwissenschaftler verneinen, dass die Polizei zur Trojanerinstallation einfach in Wohnungen eindringen oder Nachrichten mit falschem Absender versenden dürfte. Auch dass die Polizei sich Sicherheitslücken in IT-Systemen zu nutze machen kann, halten sie für zweifelhaft. Mit dem neuen Gesetz will Seehofers Ministerium diese Hürde, zumindest für den Inlandsgeheimdienst, verkleinern.
Der Text für das neue Verfassungsschutzgesetz ist in verschachtelten Sätzen formuliert und mit Paragraphen versehen, die sich auf Paragraphen beziehen, die sich wiederum auf Paragraphen beziehen. Und so brauchte es vier Monate, einen erfahrenen Rechtsprofessor und die Veröffentlichung des kompletten Gesetzestextes, um die geplanten Änderungen in diesem Ausmaß zu entziffern. Ein kurzer Hinweis von Legal Tribute Online im März bekam keine breite Öffentlichkeit.
Das zeigt, dass es wichtig ist, Gesetzesentwürfe so früh wie möglich zu veröffentlichen. Denn nur wenn sich viele Journalist*innen, Rechtswissenschaftler*innen und andere die Vorhaben der Regierung anschauen können, lassen sich solche kritischen Stellen entdecken.
SPD: Entwurf ist nicht von Koalitionsvertrag gedeckt
Bereits im März hatte das Justizministerium unter der damaligen Justizministerin Katarina Barley den Vorschlag in Gänze abgelehnt und auf den Koalitionsvertrag verwiesen. In diesem waren eine „maßvolle“, aber „sachgerechte Kompetenzerweiterung“ für den Verfassungsschutz vereinbart worden, gekoppelt an eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle. Diese Voraussetzung sah Burkhard Lischka, Innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, in Seehofers Entwurf nicht.
Katarina Barley war im März bereits als Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten für die Europawahl benannt. Dass es eine Nachfolgerin für sie als Justizministerin geben müsste, war klar. Wer das sein würde und ob diese das Gesetz ebenso ablehnen würde jedoch nicht. Zu ihrer Nachfolgerin ist Christine Lambrecht geworden. Sie sagte in einem Interview letzten Monat, man prüfe „maßvolle Kompetenzerweiterungen“ für den Verfassungsschutz. Damit müsse aber eine „Ausweitung parlamentarischer Kontrolle verbunden sein“:
Ich werde mich mit meinem Kollegen Seehofer für ein erstes Gespräch in den nächsten zwei Wochen zusammensetzen und auch über diese Frage sprechen.
Nach einer kompletten Ablehnung hört sich das nicht mehr an. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wie der Kompromiss zwischen Innen- und Justizministerium aussehen wird.
Horst,
was ist das für ein Land, in dem ich beim Verlassen meiner Wohnung
nach James-Bond-Manier ein Haar an die Tür kleben muss ?
Oder einen Fake-Computer herumstehen habe, damit deine
Spezialexperten da ihren Dreck drauftun könnnen ?
Und sämtliche Verschraubungen aller informationstechnischen
Geräte im Haushalt mit Glitter-Lack sichern muss ?
Oder gleich die komplette elektronische Ausrüstung immer
am Mann haben muss ?
Horst, sag‘ selbst, was ist das für ein Land ?
Danke fürs Heads-Up.
Im 2. Absatz ist am Ende ein Fehler: „einzudringen dürfen“ -> eindringen dürfen.
Großer Hund. Besser als Alarmanlage, weil der kann man vermutlich auch nicht mehr trauen und die kann nicht beissen.
Gibt es Biostrojaner? Wenn nicht, wie wollen die einen verschlüsselten Datenträger infiltrieren der erst dann das Betriebssystem bootet nachdem man sein Passwort eingibt.
In Abwesenheit eigene Kamera aktivieren. Fehlt ein Teil der Aufzeichnungen stimmt was nicht.
Eventuell eine Zweite besser verstecken dann sieht man was mit der Ersten passiert.
Keine Smarthomekomponenten verwenden und auf jeden Fall auf smarte Türschlösser verzichten.
Verschlüsselte Backups nicht vergessen, damit man bei Verdacht sofort alles plattmachen und neu aufsetzen kann.
Bargeld verwenden damit man anhand seiner Zahlungsdaten nicht verrät ob man auswärts ist.
Mobiltelefone so gut es geht absichern also rooten, verschlüsseln, Stockbetriebssystem draufhauen, Apps auf das wesentliche beschränken, die in deren Rechten beschneiden und die Geräte auch mal Zuhause lassen. Ein Zweittelefon ist auch keine schlechte Idee.
Ich finde inzwischen als blanken Hohn wenn diese Leute welche solche Maßnahmen befürworten und vorantreiben die DDR als Unrechtsstaat bezeichnen. Das war die DDR, keine Frage. Nur wo liegt praktisch bei der Exekutive heute noch der Unterschied? Einschränkung der Bürgerrechte, Ausbau der Überwachung und im Mittelmeer, also unserer aktuellen Aussengrenze, in der Woche mehr Tode als an der DDR-Grenze in der gesamten Zeit in der dieses Land bestanden hat.
Und nein, ich will die DDR nicht zurück.
Christine,
was hindert uns (?),
ein bis hin zu den Geheimdiensten wirkungsvolles Whistleblowerschutzgesetz zu machen, bevor Horst seine Geheimdienst-Ermächtigung bekommt, –
denn ohne Whistleblowerschutz ( Beweisbarkeit, was Geheimdienste tun, vor Gericht ) schaffen wir die Rechtsstaatlichkeit nicht, insbesondere bezogen auf den Journalismus;
mit Whistleblowerschutz haben wir eine Chance ( z.B. Reporter ohne Grenzen gegen VERAS, Max Schrems & der EUGH ) –
seit dem 12. März liegt der Arbeitsauftrag zu einem Whistleblowerschutzgesetz auf Deinem Schreibtisch: wann kann Edward Snowden umziehen nach Berlin?
—
Was hindert uns(?),
unseren PKGR/G10-BfDI-Gremien den selben Direktzugriff auf die Geheimdienst-Datenbanken zu geben, wie es sie in unseren Nachbarländern schon gibt?
—
Was hindert uns(?),
den Leutheusser-Schnarrenberger-Vorschlag umzusetzen: die EU-Geheimdienst-Kontrollgremien der einzelnen Mitgliedsstaaten genauso gut zu vernetzen, wie es die Geheimdienste längst sind?
—
Allerdings: die Ergebnisse der Untersuchungsausschüsse zeigen: parlamentarische Kontrolle auszubauen mit Tricks genügt nicht (Flisek/Sensburg vs. Renner/v.Notz).
Gegen diese Geheimdienste(*) brauchen wir definitiv
FUNKTIONIERENDEN WHISTLEBLOWERSCHUTZ FÜR INSIDER.
—
(*)
( => NSU-Untersuchungsausschuss-Ergebnis, NSA-Untersuchungsausschuss-Ergebnis (Sondervotum), „Landesverrat“ gegen Journalisten von netzpolitik.org, Diffamierung von Edward Snowden als „russischer Agent“ wider besseres Wissen, zunächst für 120 Jahre gesperrte Beweisakten zu kriminellen V-Leuten in Hessen, geschredderte / geschwärzte / vorenthaltene Unterlagen ggü. parlamentarischer Kontrolle, erst vor Gericht beendete Bespitzelung von Bürgerrechtlern ( Rolf Gössner, u.a.m. ) und Politikern ( Bodo Ramelow, u.a.m. ), der G10-Kommission verschwiegene Vorhaben wie EIKONAL, GLOTAIC, etc., fehlende Dateianordnungen in Bad Aibling, … – also eben DIESE Geheimdienste )
—
Christine, was hindert uns?